Kollektive Verwertung der Online-Privatkopie

2013-05-29

Standpunkt von Matthias Bürcher
an der Veranstaltung Urheberrecht: Filesharing vom Schweizer Forum für Kommunikationsrecht
Zürich 28.5.2013

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Einladung, vor Ihnen über meinen Vorschlag zum Urheberrecht sprechen zu können. Ich bin nicht Jurist, habe aber als Mitglied des Vorstands des Regieverbands mit Verordnungen zu tun gehabt. Vor zwei Jahren haben wir ein Instrument der Filmförderung, das so genannte Succès Cinéma, die erfolgsabhängige Filmförderung, grundlegend reformiert. Wie beim vorliegenden Thema ging es darum, einen Interessenausgleich zu finden, damals zwischen Produzenten, Regisseuren und Autoren. Mir wurde klar, dass man nicht nur Konzepte diskutieren kann, sondern ausformulierte Verordnungsartikel vorschlagen muss. Nur wenn man die Regeln vor sich sieht, kann konkret verhandelt werden. Die neue Filmförderungs-Verordnung trägt deshalb auch meine Handschrift.

Es gibt Gesetze, die allgemein anerkannte Normen durchsetzen, wie zum Beispiel das Strafrecht. Es gibt aber auch Gesetze, die einen Interessenausgleich suchen und Spielregeln zwischen verschiedenen Gruppen festsetzen. Beim Urheberrecht sind es einerseits die Urheber, denen das Gesetz die von ihrer Arbeit leben möchten, und andererseits die Nutzer, die ihr Eigentumsrecht an den gekauften Werken durchsetzen wollen (wenn sie diese erworben haben). Auch wenn sich das Urheberrecht an allgemeinen Grundsätzen orientiert, so ist es doch im Einzelfall pragmatisch und setzt je nach Land und Thema unterschiedliche Spielregeln.

  • Zum Beispiel ist die Vermietung von Werken kollektiv geregelt und die Bibliotheksausleihe vergütungsfrei. Die Schweiz unterscheidet sich damit von den Nachbarländern.
  • Zum Beispiel ist der Urheber von Software gesetzlich enteignet, wenn er im Anstellungsverhältnis steht. Hier unterscheidet das Gesetz zwischen verschiedenen Werkarten.
  • Schliesslich, und das gehört wesentlich zum Thema heute, ist der Download von Werken in der Schweiz legal, unabhängig davon, ob das bereitgestellte Werk legal zur Verfügung gestellt wurde.

Diese Spielregeln sind der Wille des Gesetzgebers und der Ausdruck einer politischen Mehrheit, die im Parlament die einzelnen Artikel detailliert diskutiert und dann entschieden hat.

Die Festlegung der Spielregeln ist möglich, weil der Interessengegensatz ein wirtschaftlicher ist. Für den Ausgleich stehen zwei Instrumente zur Verfügung:

  • Die individuelle Verwertung, wo der Gesetzgeber möglichst wenig eingreift und nur ein paar Leitplanken setzt. Diese stösst jedoch aus praktischen Gründen an gewisse Grenzen, weil der Markt sehr parzelliert und die Transaktionen sehr klein sind.
  • Die kollektive Verwertung, wo der Gesetzgeber gewisse Nutzungen als Monopol den Urherberrechtsgesellschaften überlässt, weil nur diese die Verwertung industriell und effizient durchführen können.
Die kollektive Verwertung kann auch freiwillig sein.

Was die online-Nutzung angeht, müssen wir heute die Frage beantworten: Gibt es ein funktionierendes Geschäftsmodell für die individuelle Verwertung? In diesem Fall müssten wir alles unternehmen, um die individuelle Verwertung zu schützen. Filesharing müsste unterbunden werden, und auch der Download müsste eigentlich verboten werden.

Oder ist die individuelle Verwertung unrealistisch? In diesem Fall müssten wir alles tun, um die wirtschaftlichen Interessen der Urheber durch eine kollektive Verwertung durchzusetzen.

Was den Schweizer Film aber auch den europäischen Autorenfilm angeht, gehe ich davon aus, das es kein funktionierendes Geschäftsmodell für die individuelle Verwertung geben wird. Die kollektive Verwertung muss deshalb gestärkt werden, da nur diese signifikante wirtschaftliche Rückflüsse bis zum Produzenten und Urheber garantiert.

Ich kann nicht für alle Kultursparten sprechen. Ich weiss, dass es zwischen den Geschäftsmodellen von Musik, Literatur und audiovisuellen Werken grosse Unterschiede gibt; vielleicht braucht es im Urheberrechtsgesetz verschiedene Ansätze je nach Werkart, wie man auch Ausnahmen für die Software gemacht hat.

Ich möchte aber jetzt im folgenden ausführen, was ich von den Geschäftsmodellen im audiovisuellen Bereich kenne. Wir haben bis jetzt von Interessengegensatz zwischen Urhebern und Nutzern gesprochen, aber die Urheber haben nicht nur gemeinsame Interessen. Die Urheber sind auch Konkurrenten untereinander.

Knapp 500 neue Filme kommen jedes Jahr in der Schweiz ins Kino, d.h. 10 Filme jede Woche. Davon sind etwa 15% Filme aus der Schweiz und 25% aus den USA. Die 15% Filme aus der Schweiz machen 5% des Umsatzes im Kino, die 25% aus den USA machen 57% des Umsatzes. Film ist ein Produkt, dass sehr hohe Fixkosten hat und vernachlässigbare Stückkosten. Die Filme von den USA profitieren von ihrem grossen Heimmarkt und haben ihre Kosten schon im Heimatland eingespielt. Im Ausland müssen sie deshalb nur ihre Promotion einspielen.

Wenn nur der Markt spielen würde, gäbe es kein europäisches Kino. Deshalb greifen alle europäischen Länder in den Markt ein. Sie fördern die Herstellung der Filme, sie fördern aber auch den Vertrieb. Succès Cinéma zum Beispiel verschiebt die Spielregeln des Marktes, indem Kinobesitzer mit einem Schweizer Film ein paar Franken mehr pro Eintritt verdienen.

Dieser Fördermassnahmen gefährden nicht wirklich die Vorherrschaft des amerikanischen Kinos. Es ist weiterhin möglich, dass letztes Jahr im November zwei amerikanische Filme allein die Hälfte der Kinoleinwände besetzen. Aber sie garantieren eine gewisse Vielfalt und lebenswichtige Möglichkeit einer Kultur, auch ihre eigenen Geschichten zu erzählen.

Der Kinomarkt ist reguliert in der Schweiz. Der Videomarkt und der Video on Demand-Markt sind es nicht. Das wesentliche Risiko für die Schweizer Filmemacher ist deshalb nicht, dass sie gratis heruntergeladen werden, sondern dass sie online gar nicht angeboten werden, oder wenn, dann nicht sichtbar. Das wirtschaftliche Risiko ist der Marktzugang. Es wird wohl kein substantielles Video on Demand-Angebot für den Schweizer Film ohne öffentliche Mittel geben können. Das gilt auch für den europäischen Film, wo alle VOD-Angebote von MEDIA finanziell unterstützt werden.

Für Schweizer Filmproduzenten sind die kommerziellen Einnahmen ökonomisch nicht relevant. Ich habe einmal versucht, das grob abzuschätzen:

  • Am Kino machen die Schweizer Filme etwa 9 Millionen Franken Box Office. Davon gehen aber 6 Millionen an die Kinos, 2 Millionen gehen an die Verleiher, die damit die Promotionskosten decken. Es bleibt somit eine Million für Produzenten und Urheber. Wir sind hier übrigens mit einem Anteil von 11% an den Bruttoeinnahmen unter den 13%, die der Gesetzgeber als Maximum für die kollektive Verwertung festgelegt hat.
  • Die DVD-Auswertung liegt ähnlich, mit etwa einer Million für den Produzenten.
  • Eine weitere Million kommt etwa aus Auslandverkäufen Kino und Fernsehen.
  • Für Video on Demand, sind, wenn es dann einmal läuft, vielleicht 300'000 Franken zu erwarten.

Die kommerziellen Erträge der individuellen Rechtewahrnehmung liegen damit bei etwa 3.3 Millionen Franken.

Dem stehen jedoch jährliche Produktionskosten von etwa 70 Millionen Franken entgegen. Diese Kosten werden in etwa zu einem Drittel vom Bund, den Regionen und vom Fernsehen getragen.

Ein Teil dieser öffentlichen Mittel ist selektiv, ein Teil erfolgsabhängig: Succès Cinéma zum Beispiel schafft einen künstlichen Markt. Für den Produzenten ist es durchaus wichtig, dass sein Film im Kino und in den Festivals erfolgreich ist. Aber die direkten Einnahmen aus der kommerziellen Auswertung sind zu gering, um weiterarbeiten zu können.

Und die direkten Einnahmen sind sehr risikobehaftet. Jeder Film ist ein Prototyp und sein Erfolg ist nicht vorhersehbar.

Im Gegensatz dazu hat die kollektive Verwertung dem Schweizer Film fast gleich viel Einnahmen gebracht wie die individuelle. Das Weitersenderecht etwa 1.5 Millionen und die Senderechtsentschädigung auch etwa 1.5 Millionen. Die kollektive Verwertung hat deshalb auch einen sehr guten Ruf bei den Filmschaffenden: Sie generiert signifikante Rückflüsse, und die Verteilung ist transparent.

Aus dem Vorhergehendem können wir schon schliessen: Wenn es nach den wirtschaftlichen Interessen des Schweizer Films geht, dann müsste dieser vor allem für einen Ausbau der kollektiven Verwertung einstehen.

Was hat sich mit der Online-Nutzung geändert? Internet ist nur ein weiterer Schritt in der Dematerialisierung des Werke. Die audiovisuellen Werke waren im Gegensatz zu anderen künstlerischen Werken immer vervielfältigte Werke.

  • Der 35mm-Film konnte nur im kontrollierten Umfeld der Filmlabors kopiert werden.
  • Die VHS-Kassette öffnete die Kopie für die Privatnutzer, wobei wohl mehr Filme am Fernsehen aufgenommen als Kaufkassetten kopiert wurden. Die Kopie war mit einem beträchtlichen Generationenverlust verbunden.
  • Die DVD kann verlustfrei kopiert werden. Da sie ein Ordner mit Dateien ist, kann sie auch über andere Datenträger und über Distanz kopiert werden. Effiziente Kompressionstechnologien wie h.264 reduzierten die Datenmengen und erleichterten somit den Austausch. Wir haben es jedoch immer noch mit Werkexemplaren zu tun.
  • Die Online-Nutzung mit Video on Demand und der Cloud ist ein weiterer Schritt, wo das Werkexemplar nicht mehr existiert. Es existieren nur noch Dateien, die an Orten gelagert werden, die der Nutzer nicht kennt und auf die er lediglich Zugang hat. Die Benutzungsbedingungen von iTunes zum Beispiel tragen dem Rechnung. Obwohl man den Film gekauft hat, darf man ihn nicht weitergeben oder vererben.

Diese Tendenz wird sich akzentuieren. Wir sprechen heute von Filesharing und Download, aber die Bandbreiten werden dazu führen, dass Streaming immer wichtiger werden wird.

Dies stellt das Urheberrecht vor Herausforderungen, seine Grundsätze zu retten, die da sind:

  • Jede Nutzung wird einzeln abgetreten und sollte eine Entschädigung mit sich ziehen.
  • Der Erschöpfungsgrundsatz, die Eigentumsgarantie und das Recht der Privatkopie.
  • Die Technikneutralität: Die Nutzung soll das Recht definieren, nicht die technische Lösung.

Wenn es kein Werkexemplar mehr gibt, dann ist der Erschöpfungsgrundsatz unanwendbar und auch die Privatkopie macht keinen Sinn mehr. In diesem Sinn müsste der Verkauf von audiovisuellen Werken bei der Online-Nutzung abgeschafft werden. Wir befinden uns in einem Widerspruch. Entweder schaffen wir den Verkauf von Werken ab, oder wir erhalten ihn, dann muss aber das Gesetz dafür sorgen, dass der Erschöpfungsgrundsatz den neuen Technologien Rechnung trägt.

Andererseits gibt es auch praktische Probleme mit der Durchsetzung des Urheberrechts, wenn das Kopieren so einfach ist. Die Durchsetzung ist verbunden mit einem wesentlichen Eingriff in die Privatsphäre, weil die Kontrolle vieles anderes sieht, was sie nicht sehen sollte.

Das Parlament hat deshalb eine liberale Position eingenommen, als es den Download erlaubte, weil es nicht alle Bürger kontrollieren wollte.

Mein Vorschlag versucht, das das Konzept des Werkexemplars im Internet zu erhalten und folgt der bisherigen Politik des Parlamentes, die Privatsphäre zu schützen und gleichzeitig die wirtschaftlichen Interessen der Urheber wahrzunehmen: Die Online-Privatkopie wird erlaubt, aber sie wird mit einer Entschädigung verbunden, die kollektiv wahrgenommen wird.

Der Artikel 19 Absatz 1 wird mit einer neuen Linie d ergänzt, der den Eigengebrauch auf die Onlinenutzung ausdehnt.

Art. 19 Verwendung zum Eigengebrauch

1 Veröffentlichte Werke dürfen zum Eigengebrauch verwendet werden. Als Eigengebrauch gilt:

  • a. jede Werkverwendung im persönlichen Bereich und im Kreis von Personen, die unter sich eng verbunden sind, wie Verwandte oder Freunde;
  • b. jede Werkverwendung der Lehrperson für den Unterricht in der Klasse;
  • c. das Vervielfältigen von Werkexemplaren in Betrieben, öffentlichen Verwaltungen, Instituten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen für die interne Information oder Dokumentation;
  • d. das Vervielfältigen von Werkexemplaren auf Online-Diensten im persönlichen Bereich und im Kreis von Personen, die unter sich eng verbunden sind, wie Verwandte oder Freunde.

...

Und Artikel 20 Absatz 3a unterstellt sie einer Vergütung.

Art. 20 Vergütung für den Eigengebrauch

1 Die Werkverwendung im privaten Kreis gemäss Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe a ist unter Vorbehalt von Absatz 3 vergütungsfrei.

2 Wer zum Eigengebrauch nach Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b oder Buchstabe c oder wer als Drittperson nach Artikel 19 Absatz 2 Werke auf irgendwelche Art vervielfältigt, schuldet dem Urheber oder der Urheberin hierfür eine Vergütung.

3 Wer Leerkassetten und andere zur Aufnahme von Werken geeignete Ton- und Tonbildträger herstellt oder importiert, schuldet dem Urheber oder der Urheberin für die Werkverwendungen nach Artikel 19 eine Vergütung.

3a Wer Online-Dienste anbietet, die zur Vervielfältigung von Werken im Sinne von Art 19. Absatz 1d geeignet sind, muss sicherstellen, dass diese nur innerhalb der Schweiz und im Freundeskreis zugänglich sind, dass nur rechtmässig erworbene Werke vervielfältigt werden, und schuldet dem Urheber oder der Urheberin hierfür eine Vergütung.

4 Die Vergütungsansprüche können nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden.

Die Privatkopie muss den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Das jetzige Urheberrecht erlaubt die Privatkopie, und dies schliesst insbesondere ein, dass ich eine CD mit Stücken zusammenstelle und an einen Freund weitergebe. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass sich die Privatsphäre mit den sozialen Netzen wesentlich verschoben hat. Die Freundin auf Facebook kennt Sie vermutlich heute besser als die Platznachbarin in der Schule. Der nichtkommerzielle Austausch unter Freunden, auch virtuellen Freunden, ist deshalb wie Privatkopie zu behandeln und damit grundsätzlich erlaubt, aber abgegolten. Wir orientieren uns an der bisherigen Leerträgerabgabe.

Ich bin mir noch nicht sicher, ob die Anbieter der Website oder die Betreiber der Internetanschlüsse für die Abgabe verantwortlich sein sollen. Wirtschaftlich profitieren heute die Betreiber der Internetanschlüsse am meisten vom Fluss der Datenmengen. Sie haben ihr Geschäftsmodell auf der Verbreitung audiovisueller Inhalte aufgebaut. Nur für Emails bräuchten wir weder Breitband noch Glasfaserkabel. Swisscom und Cablecom erzielen mit dem Internetzugang je eine Milliarde Umsatz. Mit den kleinen Anbietern kommen wir wohl auf etwa 2.5 Milliarden im Jahr.

Bei den Diensten selber liegen die Umsätze wesentlich kleiner, die Firmen haben ihren Sitz im Ausland und sind schwer erreichbar. In diesem Fall könnte die Schweiz nur grosse Anbieter wie Youtube oder Dropbox ansprechen.

Das Gesetz definiert die Grundsätze, nicht die technischen Ausführung. Das Gesetz wird nicht mit der Geschwindigkeit der technischen Entwicklung mithalten können. Es wird nicht voraussehen können, welche Plattformen sich entwickeln werden. Der Richter wird somit entscheiden müssen, wo der Freundeskreis endet und wo die Öffentlichkeit beginnt. Mehrere Faktoren können da mitspielen

  • Die Anonymität oder nicht Anonymität der Person, die das Werk teilt
  • Die Definition des Freundeskreises durch den Website
  • Die Transparenz des Websites gegenüber der Urheberrechtsgesellschaft

Die Schweiz muss die Berner Konvention einhalten. Der vorliegende Vorschlag bringt eine legale Lösung für die Privatkopie. Damit verbunden ist aber auch, dass die anderen illegalen Angebote konsequenter als heute gesperrt werden. Die Schweiz kann diese Lösung nur als Insellösung anbieten, wenn sie auch eine Insellösung ist. Den Rechteinhabern muss garantiert werden, dass die Territorialität gewährleistet werden und dass die Nutzung Rückflüsse mit sich zieht. Es ist mir bewusst, dass die Schweiz wie jedes Land, das neue Wege geht im Urheberrecht, sich angreifbar macht, wenn die anderen nicht mitziehen. Ich erinnere aber daran, dass die Schweiz auch das Recht auf den Download und die Bibliotheksausleihe einführen konnte.

Vorzuziehen wäre eine freiwillige Branchenlösung. Swisscom und Cablecom, aber auch Youtube müssen sich bewusst sein, dass es auf die Länge nicht haltbar ist, Geld mit Verbreiten von urheberrechtlich relevanten Inhalten zu verdienen, ohne sich an der Finanzierung der Werke zu beteiligen.

Die Urheberrechtsgesellschaften sind gefordert bei der Abrechnung. Sie müssen die Nutzungsdaten überprüfen und es besteht ein Missbrauchspotential. Dieses Problem besteht aber schon heute bei den kommerziellen VOD-Angeboten. Die Produzenten sind den Abrechnungen der VOD-Anbieter ausgeliefert. Es gibt keine unabhängige Prüfung. Ich denke, die Urheberrechtsgesellschaften wären dafür besser qualifiziert.

Der Vorschlag sucht eine ausgeglichene Lösung, die das Eigentumsrecht auch online garantiert, aber die Urheber angemessen entschädigt. Die Konsumentenverbände werden sich vermutlich wieder gegen eine neue "Steuer" wehren. Sie sollten sich aber bewusst sein, dass der Gesetzgeber seine liberalen Lösungen wie bei der Privatkopie immer kompensiert hat mit einer Entschädigung der Urheber. Sollte die Entschädigung in Frage gestellt werden, werden sich die Urheber wohl überlegen, ob nicht eine Anpassung an die Rechtsnormen der Nachbarländer sinnvoller wäre, d.h. Verbot des Downloads und starke Einschränkung der Privatkopie. Es darf keine Nutzung ohne Abgeltung geben. Der Status Quo ist im Kontext der aktuellen Entwicklung unhaltbar.

In diesem Zusammenhang ein kurzer Blick nach Frankreich, wo die Kommission Lescure einen ausführlichen Bericht zum Urheberrecht gemacht hat mit 80 vorgeschlagenen Massnahmen.

Der Bericht Lescure hat die Massnahmen von Hadopi eingehen diskutiert. Er kommt zum Schluss, dass die Massnahme Internetsperrung falsch war, die Verwarnungen aber wirksam. Die Regierung wird wohl beschliessen, die Hadopi-Behörde in den CSA (Commission supérieur audiovisuel) einzugliedern und die Massnahme mit einer Busse zu ersetzen.

Der Bericht empfiehlt auch, die Entschädigung für die Privatkopie auf die Cloud auszudehnen. Er schlägt jedoch vor, die nicht die Dienste bezahlen zu lasten, sondern die Endgeräte zu belasten, unabhängig von ihrer Speicherkapazität:

C’est la raison pour laquelle la mission propose l’instauration d’une taxe sur les appareils connectés , assise sur l’ensemble des terminaux, indépendamment de leur capacité de stockage. Si cette proposition était retenue, il pourrait être envisagé, à terme, d’adosser la rémunération pour copie privée au produit de cette taxe. Les barèmes de prélèvement gagneraient en simplicité et en lisibilité. Un prélèvement unique permettrait ainsi de compenser, d’une part, le préjudice lié à la copie privée et, d’autre part, l’externalité positive dont profitent tous les appareils connectés, qu’ils soient ou non utilisés pour copier des oeuvres.

Der Bericht Lescure entlastet jedoch nicht die Online-Dienste ihrer Pflicht. Sowohl die Portale wie die Telekommunikationsunternehmen sollen verpflichtet werden, sich an der Finanzierung der französischen Filme zu beteiligen. Die jetzige Abgabe der Fernsehanstalten soll auf das Internet ausgeweitet werden.

Le produit d’une telle taxe aurait vocation à bénéficier à tous les secteurs de la création culturelle . En effet, dans la mesure où l’accès à Internet est utilisé pour consulter toutes sortes de contenus culturels (cinéma, audiovisuel, mais également musique, livre, jeu vidéo, etc.), il ne paraît pas illégitime que la contribution des opérateurs de télécommunications puisse financer l’ensemble des champs de la création. Afin de garantir le respect de la finalité culturelle de la taxe, son produit pourrait être affecté au compte de soutien à la transition numérique des industries culturelles, dont la mission propose la création.

Das Urheberrecht muss aber auch im Kontext eines wirtschaftlichen Konflikts zwischen der USA und Europa gesehen werden. Die USA möchte den audiovisuellen Bereich in das Freihandelsabkommen mit der EU aufnehmen, und sie hat auch in der EU-Kommission Alliierte. Das Freihandelsabkommen könnte dazu führen, dass Massnahmen, die den freien Wettbewerb im audiovisuellen Bereich einschränken, nicht mehr möglich sind. Das heisst konkret: Aufhebung der Herstellungsförderung und Verleihförderung bei den Filmen. Wie man weiss, sind die Amerikaner pragmatisch - und ich auch. Wenn es dann darum geht, dass die Filmförderung nur gerettet werden kann, wenn Hollywood Garantien gegeben werden kann, dass die Durchsetzung der Urheberechte ihrer Werke in allen europäischen Ländern gewährleistet ist, ist meine Meinung schnell gemacht. Man muss ihnen klar machen, dass eine Lösung, die sowohl Hollywood wie lokalen Filmen konkrete Rückflüsse bringt, auch in ihrem Interesse ist. Wo es ein lebendes lokales Kino gibt, gehen die Leute auch mehr ins Kino, und das ist auch gut für Hollywood.

Entwurf 26.5.2013 , Korrekturen 29.5.2013